Vergessene Wege in Hamburg 1
Vom Millerntor zur Hammaburg
Das Millerntor um 1800
Die alte Hauptstraße zwischen Altona und Hamburg hatte über Jahrhunderte einen vollkommen anderen Verlauf als heute. Ohne historische Karten zu Rate zu ziehen, ist es fast unmöglich, der ursprünglichen Strecke zu folgen. Unser Bild von Peter Suhr zeigt das dritte Millerntor um 1800 mit Michel im Hintergrund. Am linken Bildrand ist die bis heute erhaltene nördliche Torwache zu sehen.
Millerntorwache
Wir beginnen unsere Tour zum Herzen von Hamburg an eben jener achtspurigen Stadtautobahn, die zwischen den Jahren 1958 und 1963 unter der Federführung von Paul Nevermann durch das historische Zentrum geschlagen wurde. Vom Komplex des Millerntores des vorherigen Bildes blieb, wie gesagt, nur die nördliche Torwache erhalten. Das kleine Häuschen musste im Jahre 2004 um einige Meter versetzt werden, da es mehrfach durch Fahrzeuge beschädigt wurde.
Neuer Steinweg
Nach etwa dreihundert Metern entlang der Ost-West-Straße, seit 1991 auch Ludwig-Erhardt-Straße, bietet sich die willkommene Gelegenheit, zwischen gesichtslosen Zweckbauten der hamburgischen Moderne nach links in den ruhigen Neuen Steinweg abzubiegen, welchem wir bis zum Großneumarkt folgen. Hinter der Kreuzung Neanderstraße befand sich rechterhand von 1654 bis 1859 die "Hamburger Synagoge".
Großneumarkt
Der Großneumarkt mit seinem piazza-artigen Ambiente wurde von den Bürgern als etwas Besonderes wahrgenommen und führte zur Redensart „hier sitzt man besser als auf dem Großneumarkt“, wenn man sich irgendwo besonders wohl fühlt (Quelle: Wikipedia). Als "Dorf zu Füßen des Michels" hat der "Große Neumarkt" und das umliegende Quartier als wichtiges städtebauliches Ensemble einige besondere historische Sehenswürdigkeiten zu bieten. Von 1950 bis in die 1980er Jahre gab es hier eine lebhafte Kneipen- und Clubszene.
Pelikan-Apotheke
Im Gebäude Großneumarkt 37 befindet sich die sehenswerte Pelikan-Apotheke aus dem Jahr 1913 mit der charakteristischen gewölbten Eingangstür. Die Apothekentradition an dieser Stelle geht sogar bis auf das Jahr 1696 zurück.
Alter Steinweg
Wir folgen der alten Hauptstraße weiter über den Alten Steinweg Richtung Zentrum. Das Gebäude auf der rechten Seite ist der im Jahre 1761 erbaute Paradieshof. An der Ecke zur Steinwegspassage befindet sich der legendäre Cotton-Club, Hamburgs ältester Jazzkeller.
Ensemble Brüderstraße
Die Gebäude an der Ecke Brüderstraße/Ecke Wexstraße bilden ein seltenes, perfekt erhaltenes Ensemble der 1870er Jahre in Hamburg. Genau an der Stelle des Punktes 7 kann sich der Betrachter einmal um seine Achse drehen und sieht nur historische Gebäude, dementsprechend häufig wird die Brüderstraße für Dreharbeiten genutzt.
Ellerntor und Ellerntorsbrücke um 1600
Nach etwa 170 Metern erreichen wir die heutige Ellerntorsbrücke, die nach dem Abriss des Ellerntores im Jahre 1668 als direkte Verbindung zwischen Altona und Hamburg über das Herrengrabenfleet errichtet wurde. Nach der Zollenbrücke ist sie die zweitälteste Brücke Hamburgs.
Ellerntorsbrücke heute
Zwischen all den Gebäuden aus Beton, Stahl und Glas will die dreibogige historische Brücke nicht so recht ins Bild passen. Es ist kaum zu glauben, dass hierüber einst eine Straßenbahn fuhr.
Fleethof
Der fleetseitige Eingangsbereich des Fleethofes liegt an eben jener Stelle des früheren Ellerntores, so dass wir beim Betreten des Gebäudes gleichzeitig in die innere Stadt von etwa 1550 gelangen.
Im Fleethof
Außer der belanglosen Kombination aus Beton, Stahl und Glas hat das Innere des Fleethofes nichts Erwähnenswertes zu bieten. Dennoch müssen wir hindurch, um tiefer ins Innere der Stadt vorzudringen.
Rödingsmarkt vor 1842
Möglicherweise geht der Namensbestandteil -markt auf "Mark" im Sinne von Grenzgebiet zurück, was die Lage der Straße am äußersten westlichen Stadtrand erklärt. Ursprünglich beiderseits eines Fleetes gelegen, wurde ein eigentlicher Markt hier niemals abgehalten.
Rödingsmarkt um 1912
Das Rödingsmarktfleet wurde 1842 nach dem Großen Brand teilweise und im Jahre 1886 komplett zugeschüttet. Seit 1912 verläuft genau an seiner Lage das Hochbahnviadukt der U-Bahn-Linie 3.
Großer Burstah um 1900
Um die Jahrhundertwende war der Große Burstah als geschäftige Hauptverkehrsstraße eine der besten Hamburger Einkaufsadressen.
Großer Burstah heute
Im Schatten von Mönkebergstraße und Jungfernstieg gelegen, gelang es den ansässigen Geschäftsleuten nach 1945 nicht, den Großen Burstah wieder aufzuwerten. Allerdings wird es nach erfolgtem Abriss des Allianzgebäudes und der Freilegung der Bohnenstraße im Zuge der Entwicklung des Nikolaiquartiers wieder eine Verbindung zur Trostbrücke mit dem dortigen historisch wichtigen Ensemble geben.
Nikolaifleet
Nach einigen Metern überqueren wir das Nikolaifleet, welches den ursprünglichen Verlauf der alten Alster markiert, die ab hier ihre letzten Meter bis zur Einmündung in den Zollkanal zurücklegt.
Börsenbrücke
Wir biegen nach rechts in die Straße "Börsenbrücke" ein. Es verwundert, dass weder eine Brücke, noch ein Wasserlauf zu sehen sind. Mit ein wenig Phantasie kann man sich jedoch vorstellen, dass sich entlang der Häuserschlucht in der Bildmitte einst das 1877 zugeschüttete Reichenstraßenfleet befand. An diesem ehemaligen Mündungarm der Bille lagen im 9. Jahrhundert die ersten Hafenanlagen Hamburgs, wie wir später noch sehen werden.
Reichenstraßenfleet
Die Namen der Brücken, die über das Fleet führten, blieben in folgenden Straßennamen erhalten: Börsenbrücke, Rolandsbrücke, Kattrepelsbrücke
Dornbusch und Rolandsbrücke
Der Phantasie des Betrachters wird an dieser Stelle einiges abverlangt, wenn man sich vorstellen soll, dass sich genau hier die ersten Hafenanlagen Hamburgs befanden.
Domplatz
Wir kommen zum Ende unserer historischen Tour und gelangen zum Domplatz. Auch hier müssen wir wieder unsere Phantasie strapazieren, denn wir sind im Herzen der Stadt angekommen. Dieser unspektakuläre Platz wurde jahrzehntelang als Parkplatz genutzt, obwohl dieser der kulturgeschichtlich bedeutendste Ort Hamburgs ist.
Mariendom
Hier befand sich zum einen der alte Mariendom, der auf eine Geschichte bis ins 9. Jahrhundert zurückblicken konnte. Im Jahre 1805 wurde dieser kurzerhand abgerissen, da diese nach dem Zeitgeschmack "ungeheuren, dunklen, fürchterlichen Höhle", die zudem auch noch baufällig war, jeglichen Wert für die Stadtbevölkerung verloren hatte. Heute erinnern 39 quadratische Plastikklötze, welche die ursprüngliche Position der tragenden Pfeiler markieren sollen, an das historisch bedeutende Sakralgebäude.
Hammaburg
Zum anderen befinden wir uns hier an der Stelle, an welcher der Besiedlungsimpuls Hamburgs ausgelöst wurde. Nach dem Ende der groß angelegten archäologischen Grabungen im Jahre 2006 ist sich die Forschung nun einig, hier die Relikte der legendären Hammaburg gefunden zu haben. Man hat versucht, die Wälle der Hammaburg durch einen begehbaren Wall aus Stahlplatten nachzuahmen.
Bischofsturm
Ein letzter Zeuge der Jahrhunderte alten Geschichte an diesem Ort befindet sich in diesem Gebäude. Die zwischen 1962 und 1965 ausgegrabenen Fundamente hielt man zunächst für Überreste des Hauses von Bischof Bezelin-Alebrand. Neueren Erkenntnissen zufolge handelt es sich hierbei vermutlich um den Teil einer Befestigungsanlage. Das Archäologische Museum Hamburg unterhält hier die Außenstelle Bischofsburg, die vorraussichtlich wegen Umbau und überarbeitung bis Herbst 2022 geschlossen bleibt.
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